Da hat sich doch tatsächlich was getan in meinem Leben. Ich war zwischen dem 11. und 17. Juli 2009 in München bei dem 5. deutsch-russischen Jugendparlament und habe dort viele nette Menschen kennen gelernt, mit denen ich auch noch nach dem Parlament ganz sicher in Kontakt bleiben werde.
Es war zwar ein Planspiel eines normalen großen Parlaments, aber irgendwie auch ein bisschen mehr. Die deutsch-russischen Jugendparlamente finden immer parallel zum Petersburger Dialog statt. Das ist eine Veranstaltung bei der unheimlich viele Politiker aus Deutschland und Russland zusammen treffen, um sich mit den aktuellen politischen Problemen zu beschäftigen und die Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland auch in Zukunft zu kräftigen. Sie verteilen sich dabei auf sechs Ausschüsse und präsentieren am Ende die Arbeit den Staatsoberhäuptern. In diesem Jahr sind es noch Angela Merkel und Dmitri Medwedew. Wie es nächstes Jahr ausschaut, werden wir spätestens Ende September wissen. Aber nun zurück zu den Jugendlichen.
Es haben sich insgesamt je 25 Jugendliche aus den beiden Ländern im international festgelegten Jugendalter zwischen 17 und 25 Jahren in Freising zusammengefunden. Tagungsort war das Kardinal-Döpfner-Haus. Im Grunde eine 1000 Jahre alte Festung der Mönche, die aber seit ein paar Jahrhunderten nur als Lehrstätte für Hochgläubige dient. Dort hat auch unser noch aktueller Papst Benedikt seine jungen Priesterjahre verbracht und an zahlreichen Seminaren teilgenommen.
Das Thema des aktuellen Treffens bei uns und auch bei den Großen war ‚Modernisierung und Innovation in der Wirtschaftskrise‘. Klingt trocken, war es aber keinesfalls. Es war hochspannend verschiedene Ansichten zu unterschiedlichen Themen beider Seiten zu hören. Denn obwohl wir alle im gleichen Europa leben, haben wir sehr unterschiedliche Ansichten. Bei den Russen ist alles ein wenig mehr wirtschaftsbezogen, da dort die Krise knallhart reingebrochen ist, während die Krise in Deutschland durch Gegenmaßnahmen der Regierung eher milde verläuft. Wir wurden auf vier Ausschüsse aufgeteilt. Mein Ausschuss beschäftigte sich mit dem Ziel der „neuen Ideen für die Jugendzusammenarbeit“. Warum ist Russisch nicht sehr populär in Deutschland, obwohl Russland einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands ist? Warum wird Deutsch für die Russen immer uninteressanter? Wie kann man den Jugendaustausch bekannter machen und weiter fördern? Dies waren die großen Fragen meines Ausschusses. Am Ende unserer ausschussinternen Arbeit musste ein Ergebnispapier fest stehen, welches wir mit den Ergebnispapieren der anderen Ausschüsse „vereinen“ müssten. Leider hatten wir nicht sehr viel Zeit für hitzige Debatten zum Thema, weshalb wir uns am meisten um die Formulierungen des Ergebnispapiers stritten. Nebenbei angemerkt, wurden diese dann im gemeinsamen Plenum total zerrissen, weil sie zu aufgeblasen und nichtssagend waren. In diesen Tagen sind wir wohl zu echten Politikern geworden. 😀 Wir haben es dann doch noch verständlicher umformuliert.
Am Ende unserer Arbeit stand, wie bereits erwähnt, ein Ergebnispapier fest, welches alle Jugendparlamentarier durch Abstimmung absegneten und nun begann für unsere demokratisch gewählten Vorsitzenden ihr aufregendster Teil. Das Jugendparlament hat zum ersten Mal in seiner Geschichte die Möglichkeit bekommen vor den großen Politikern des Petersburger Dialogs und den Regierungschefs zu sprechen. Es waren zwar drei Minuten, hier ging es mehr um die Symbolwirkung. Da schon vieles darüber geschrieben wurde, will ich es nicht doppeln, sondern euch ganz friedlich auf die Seite des Spiegels weiterverweisen – dort berichtet die Vorsitzende persönlich. Mit dieser Sitzung ging die eigentliche Arbeit auch zu Ende.
Während der gesamten Zeit gab es auch viel Kultur- und Freizeitprogramm. Mal abgesehen von den nächtlichen Streifzügen der Parlamentarier auf der Suche nach einer gemütlichen Kneipe mit Alkoholausschank in dem kleinen Dort Freising, gab es auch offizielles Programm. So besuchten wir schon am ersten Tag die Gedenkstätte Dachau, wo mich am meisten das wirtschaftliche heutige Denken der Stadt Dachau umhaute. Denn dort gab es neue Erdgasbusse mit der Aufschrift „Dachau gibt Gas!“ oder die Tatsache, dass aktuelle Feuerwehr- und Polizeifachkräfte in der Scheune ausgebildet werden, wo früher SS-Fachkräfte ausgebildet wurden. Ebenso seltsam fand ich, dass das Land in direkter Nähe zum KZ günstig an Häuslebauer verkauft wurde. Immerhin können die jetzt angeben, ein Denkmal direkt vor der Haustür zu haben… Urgs.
Neben Dachau waren wir auch im bayrischen Landtag und durften sogar im richtigen Redesaal unser Parlament eröffnen. Anschließend ging es zum Empfang des Landtagspräsidentin auf der Terrasse des Landtags mit wundervollem Ausblick auf München, leckeren Schnittchen und einigen Landtagsabgeordneten, die mir persönlich sehr viel interessantes über ihre Arbeit erzählten. Anschließend machten wir München beim Geocaching unsicher. Dabei suchten wir Schachteln unterschiedlicher Größen mithilfe eines GPS-Empfängers. Schnitzeljagd auf modern getrimmt. Hat sehr viel Spaß gemacht und ich würde es gerne hier in Düsseldorf mit meinen Freunden wiederholen. Dass ich wahnsinnig geschwitzt habe, ist eigentlich selbstverständlich. Denn dies Tat ich irgendwie die gesamten sieben Tage. Vielleicht ist dort das Klima anders… Ich weiß es nicht.
Wäre ich am Ende der Reise nicht in Freising schlafend vergessen worden, hätte ich meinen Flug nicht verpasst, hätte nicht mit dem ICE fahren müssen, der mich auch noch zusätzliche 127 Euro gekostet hat, und hätte auch keinen faden Nachgeschmack. Denn eigentlich fand ich dieses Zusammenfinden ganz toll und kann es nur jedem empfehlen, der sich im richtigen Alter befinden. Für mich war es altersbedingt das letzte Mal. Schade 🙁
Für die multimediale Untermalung sorgt zum Abschluss mein Fotoalbum auf Facebook oder dieses Fotoset vom Redakteur der Jugendaustauschseite to4ka-treff.de